Dienstag, 31. Januar 2012

Fünfte Station: Medellín vom 30. Dezember bis 6. Januar

Die knapp fünfstündige Busfahrt von Manizales nach Medellín war recht kurz, aber wie immer gab es viele Kurven und der Bus war schon ziemlich kaputt. Ich hab gelernt, die merkwürdigsten Busgeräusche und die waghalsigsten Überholmanöver zu ignorieren, weil man doch nichts ändern kann.
Gleich am ersten Abend haben wir vom Hostel aus ein bisschen die Gegend erkundigt und haben ein Restaurant gefunden, wo wir echten deutschen Döner gegessen haben. Suuuuper lecker!!
Den letzten Tag des Jahres haben wir erfolglos damit verbracht ein Silvesteroutfit zu finden, aber dafür haben wir ein Crêpe bei Crêpes&Waffles gefunden :D
Das Silvester am Abend dann war sehr sehr denkwürdig. Für 9000 Pesos sollte es ein gemeinsames Abendessen im Hostel geben. Da die Hostelinhaberin aber zu lange gebraucht hatte, um sich zu richten, mussten wir ihr ab halb 11 helfen, das Essen zu kochen und herzurichten. Die Zeit hat dann natürlich nicht mehr ganz gereicht und um Mitternacht waren wir noch mitten am Essen =P Den Brauch 12 Trauben innerhalb von 2 Minuten zu essen und sich bei jeder etwas zu wünschen haben wir dann etwas verspätet durchgeführt, aber war trotzdem interessant.
Die folgende Party im Hostel, die bis morgens um 8 Uhr dauerte, entsprach nicht wirklich unseren Vorstellungen, weshalb wir dann schon recht früh und mit Oropax ausgestattet (hat aber nichts gebracht) ins Bett sind.
Am ersten Januar war es dafür dann zieeeemlich ruhig im Hostel =P. Wir haben einen Film angeschaut und gegen Abend sind wir mit der Metro zum Fluss Medellín gefahren, der durch die Stadt fließt. In der Weihnachtszeit wird der entlang des Flusses jedes Jahr eine gigantische Beleuchtung angebracht mit ganz vielen unterschiedlichen Motiven. Mit den vielen Essensständen entlang des Flusses ähnelte es ein klein wenig einem Weihnachtsmarkt =).
Ab dem 2. Januar durften wir in der „Luxussuite“  =) von  Kerstin und Maria, die als Freiwillige in Medellín arbeiten, wohnen. Die zwei haben im 24. Stock eines neugebauten Hochhauses eine eigene Dreizimmerwohnung mit einer super Aussicht  über die riesige Stadt, einem richtigen Bad mit warmem Wasser zum Duschen, einer Küche uuuund einem (Bett-)Sofa. Vooooll krass =D Larissa und ich durften auf dem Bettsofa mit Blick über das Lichtermeer von Medellín bei Nacht schlafen. (Ein klein wenig neidisch wurde man da schon, aber ich bin trotzdem sehr froh, dass ich im Colegio in San Francisco wohne. Hier ist glaube ich, genau der richtige Platz für mich =))
Kerstin hat uns gleich am ersten Tag mit ein paar Freunden bekannt gemacht, mit denen wir dann die Bandeja Paisa essen gegangen sind. Das ist ein für die Region typisches Gericht, das aus knusprig gebratener Schweineschwarte (nicht ganz mein Fall), Arepas, Reis, Avocado, roten Bohnen und Plátano (frittierte Kochbanane) besteht.
Abends waren wir bei den Gründern des Projektes Brazos Abiertos (Open Arms), bei dem Maria und Kerstin arbeiten, eingeladen. Es gab Lasagne, eine richtige Schüssel Salat, verschiedene Säfte und zum Nachtisch selbstgebackene Cookies und Brownies. (Der Mann ist US-Amerikaner und sie Puerto-Ricanerin =P). Nach diesem Tag war ich einfach so richtig vollgefressen. Ihr Haus liegt etwas außerhalb von Medellín auf einem Berg und der Blick über die 5-Mio-Stadt bei Nacht ist noch besser als vom Bettsofa aus! =D
Der nächste Tag war der Tag der Projekte von Maria und Kerstin. Den Morgen haben wir mit Maria in dem Kinderheim für Jungs, die aus sehr schwierigen Verhältnissen kommen, verbracht. Wir durften mit ihnen Mittagessen und sie haben uns Armbändchen knüpfen beigebracht. Es war sehr lustig, aber die Jungs haben es schon dicke hinter den Ohren =P.
Nachmittags durften wir Kerstins Projekt kennenlernen, die mit jungen Frauen arbeitet, die entweder schwanger sind oder schon Kinder haben. Die Frauen sind zwischen 13 und 18 Jahren alt, also eigentlich noch Mädchen und die Arbeit ist nicht einfach. Es herrschte ein ziemlich rauer Umgang und ein wahnsinnig hoher Lärmpegel. Trotzdem war es sehr schön mal wieder ein Baby in den Schlaf zu wiegen =D.
Am Mittwoch (4. Januar) durften wir mit den Jungs aus Marias Projekt zusammen auf einen Ausflug an einen See etwa 1h außerhalb von Medellín. Auf der Hinfahrt durch den Wald sah es wirklich ein bisschen so aus wie im Schwarzwald. =) Während die Jungs im eiskalten Wasser schwimmen waren, haben wir Frauen mit Yuka und Kartoffel schälen beschäftigt. Als Mittagessen sollte es nämlich Sancocho (kolumbianischer Eintopf) geben. Das Fleische wurde im Dampfkochtopf überm Feuer gekocht, werden die Suppe in einem Riesentopf erwärmt wurde. Um ungefähr halb 4 Uhr nachmittags war das Essen dann fertig =P. Aber es hat wirklich Spaß gemacht und wir konnten unsere Armband-Knüpftechniken weiter ausbauen.
Kerstin hatte sich den nächsten Tag freigenommen und wir sind mit ihr und einem Freund mit dem Metrocable (Seilbahn in Medellín) zum Parque Arvi gefahren. Komischerweise war an dem Tag aber so viel los, dass wir 2 Stunden anstehen mussten bis wir erstmal in die Seilbahn einsteigen konnten. Aber dann ging es über die Stadt hinweg vorbei an der Biblioteca de España (sieht aus wie große schwarze Würfel) hoch in die Natur. Das Naturschutzgebiet ist riesig groß und ein Teil davon war früher von Ureinwohnern besiedelt. Wir sind einfach ein bisschen querfeldein im Wald gelaufen und über Flüsse balanciert und haben die Natur genossen. =)
Der nächste und letzte Tag in Medellín war ein sehr vollgepackter Tag. Um 10 Uhr morgens ging es los zum PARAGLIDEN. Für 32€ konnte man 20min über Medellín fliegen. Dafür mussten wir aber erstmal mit dem Bus viele Kurven nach oben fahren. Medellín ist von allen Seiten von Bergen eingekesselt, wenn man aus Medellín raus will, muss man also zwangsläufig zunächst in die Berge fahren. Von der Paragliding-Station mussten wir dann noch einen steilen Hügel hochklettern bis wir zum Abflugpunkt kamen. Ich war gleich die erste, die fliegen durfte. (Wir haben Lose gezogen, damit es auch schön gerecht ist =P). Mit Gurt und Helm ausgerüstet, stand ich dann an meinem Pilot befestigt auf dem Hügel und hab mit zittrigen Knien auf den richtigen Aufwind gewartet, um dann so schnell ich konnte auf einen Abhang zuzurennen. Hat mich viel Überwindung gekostet. Die ersten 5 Flugminuten waren wirklich wahnsinnig spektakulär. Man sitzt wie in einem Sessel, die Beine baumeln in der Luft und hat einen genialen Ausblick auf die Berge und auf Medellín.
Allerdings wurde mir dann langsam immer schlechter und schlechter. Der Schirm dreht sich die ganze Zeit nur im Kreis und schraubt sich so in die Höhe. Wenn man in den Schatten fliegt, geht es dann auf einmal ganz schnell wieder nach unten, weil der Aufwind wegfällt. Mir war einfach nur sooo schlecht. Meine einzige Hoffnung war, dass 20 Minuten ja nicht so lang sein können, aber sie haben sich eeeewig hingezogen. Ich konnte irgendwann weder meinen Kopf irgendwie bewegen geschweige denn Fotos machen, weil ich mich nur darauf konzentrierte, mich nicht zu übergeben. Der Pilot hat immer mehr Kreise gedreht und wir sind immer höher gestiegen. Es wurde richtig kalt, aber ich hatte ja zum Glück meine super Regen-/Windjacke an =). Die Landeanflugskurve nach einer gefühlten Ewigkeit war nochmal richtig heftig und dann hatte ich endlich wieder festen Boden unter den Füßen. Ich konnte mich weder bedanken noch selber ausschnallen, sondern hab mich einfach ganz flach auf den Boden gelegt und mich die nächste halbe Stunde nicht mehr bewegt. Ich war zum Glück nicht alleine, denn neben mir lag die Doreen, die sich in der Luft übergeben musste. Sie hat mir dann auch mittgeteilt, dass mein Pilot aus den 20 Minuten einfach 40 Minuten gemacht hat. Kein Wunder, dass mir die Zeit in der Luft so lange vorkam!
Die kurvige Fahrt im Stehen in einem überfüllten Bus zurück nach Medellín hat uns dann noch den letzten Rest gegeben.  NIE WIEDER WERDE ICH PARAGLIDING MACHEN!
Abends nachdem wir uns einigermaßen ausgeruht hatten, sind wir noch mit ein paar Freunden von Maria und Kerstin in das „Pueblito Paisa“ gelaufen. Das ist ein altes Dorf mitten in Medellín auf einem Hügel, das unter Denkmalschutz steht und zeigt, wie die Menschen früher in der Gegend gewohnt und gelebt haben. Es war wirklich ein schöner Abschluss und danach ging es gleich zum Terminal, von wo wir spontan noch an die Karibikküste nach Santa Martha gefahren sind, um die letzten Tage unseren gemeinsamen Urlaubs am Meer verbringen zu können!