1) llamadas
Die meisten Kolumbianer (ich gehöre auch dazu) haben kein Guthaben auf ihrem Handy, da das je
nachdem wie viel man auflädt schon nach drei Tagen wieder verfällt. Um trotzdem telefonieren
zu können, gibt es die sogenannten llamada-Stände. Das sind einfach Personen, die viele Handys haben (meistens sind die Handys alle mit Ketten oder Schnüren alle miteinander verbunden) und Anrufe an die verschiedenen Handynetze oder fijos (Festnetz) „verkaufen“. Pro Minute zahlt man zwischen 100 bis 200 Pesos (4 bis 8 Cent) und kommt dabei billiger raus als wenn man vom eigenen Handy anruft. Der Nachteil ist jedoch, dass man nie weiß, wer einen angerufen hat, weil es lauter unbekannte Handynummern sind.
2) Englisch
Die Kolumbianer sind ja nicht gerade für ihre guten Englischkenntnisse bekannt, aber sobald sich ihnen ein Ausländer nähert, ist es für sie beinahe Pflicht, ihren begrenzten Wortschatz anzuwenden. Dieser beschränkt sich jedoch meist auf die Worte: Hey you, woman, beautiful, Hello Kitty, friend, What’s your name. Das hängt vielleicht auch damit zusammen, dass in den Augen der Kolumbianer einfach alle Ausländer „gringos“ (US-Amerikaner) sind.
Es ist immer lustig, wenn wir mit Farron unterwegs sind, die aufgrund ihrer dunklen Hautfarbe hier gar nicht auffällt und sie deshalb immer auf Spanisch angesprochen wird. Da sie oft aber nichts versteht, springen dann entweder Larissa oder ich für sie ein und ernten immer wieder verdutzte Gesichter, da die „gringas“ Spanisch sprechen und die „colombiana“ Englisch.
3) Kopfnicken
Das Kopfnicken dient hier in erster Linie als ein „Herkommensbefehl“. Wenn dir jemand kräftig zunickt, möchte er, dass du zu ihm kommst. Diese Geste beherrschen schon die kleinsten Kinder und nicken mit sehr viel Bestimmtheit, was mich immer wieder zum Lachen bringt. Und wenn ich mal keine Lust habe, mich zu bewegen, dann nicke ich einfach energisch zurück =).
4) Längen- und Größenangaben
Wenn man hier zum Beispiel zeigen will, wie lang eine Plátano (Kochbanane, die größer sind als normale Bananen) ist, wird die Länge mit beiden Händen wie in Deutschland angezeigt. Stattdessen wird mit der einen Hand auf dem Arm der anderen Hand die Länge „abgemessen“. Dabei sind die Fingerspitzen immer der Startpunkt und von dort geht es dann soweit den Arm nach oben, wie man eben braucht,
Auch bei Größenangaben gibt es einen kleinen Unterschied, denn wenn man zeigen will, wie groß zum Beispiel ein kleiner Junge ist, wird die Höhe zwar wie in Deutschland normal vom Boden aus mit der Hand angezeigt. Doch die flache Hand muss dabei vertikal gehalten werden, denn mit der horizontalen Hand werden nur Tiere abgemessen. Jaja, man kann sich das Leben auch kompliziert machen =P.
5) Der Mund
Was ganz lustiges hier ist die Verwendung des Mundes für Richtungsangaben. Dabei wird der Mund ein bisschen nach vorne oben gekräuselt und damit dann in eine bestimmte Richtung gezeigt. Lippenlesen bekommt hier also eine ganz neue Bedeutung, wenn man entscheiden muss, ob der Mund nach rechts, links oder geradeaus gekräuselt wurde.
6)Körperbau
Das Smalltalk-Gesprächsthema Nummer 1 ist in Kolumbien der Körperbau einer Person. Oft folgt direkt nach der Begrüßung: Oh, du bist aber „flaca“ (dünn) oder „gordita“ (Dickerchen), so wie man in Deutschland übers Wetter redet (Hier wäre „Übers-Wetter-reden“ irgendwie ziemlich langweilig, weil es nicht viel Abwechslung gibt =P) Das Haupt-Charakteristikum einer Person ist immer ihr Körperbau. „Von welcher Person sprechen wir gerade?“- „Ach von der Dicken/der Dünnen/ von der, die in letzter Zeit zugenommen/abgenommen hat“. Das ist hier einfach nicht unhöflich. Auch die Kinder begrüßen einen zum Beispiel mit: „Seño, warum bist du immer noch so dünn?“ Gleich an unserem ersten Tag im Colegio wurden Larissa und ich von den Kindern damit konfrontiert. Und als „gordita“ (Dickerchen) zählt man schon ziemlich schnell. Auch das Schönheitsideal ist anders hier, denn eine wahre Kolumbianerin hat einfach ordentlich Kurven und die „costeños“ (Küstenbewohner) sind von ihrer Abstammung her etwas kräftiger gebaut. Erst in den letzten Jahren ist das Schönheitsideal aus den USA und aus Europa hier angekommen, aber hat zum Glück noch lange nicht überall Fuß gefasst =D.
7)Die Zeitangaben
Zum Schluss darf natürlich auch nicht der Zeitbegriff in dieser Auflistung fehlen. Zeitangaben sind nämlich immer sehr vaaage und auch keinesfalls verlässlich oder ernst zu nehmen. So kann „ahorita“ (gleich, jetzt, sofort) gleich-jetzt, gleich-nachher, gleich-später oder auch gleich gar nicht bedeuten. Und „hoy“ (heute) kann genauso heute wie „heute im Juni“ bedeuten =P.
Unsere Lehrerin Ethel kam nämlich mal an einem Samstag vor etwa zwei oder drei Wochen hier vorbei, weil sie eine Projektarbeit für ihr Studium über das Abwasser hier im Barrio San Francisco machen musste/wollte. Und sie meinte, sie müsse sich so beeilen, weil sie noch gar nicht weit gekommen ist und die Arbeit müsse heute fertig werden. Hugo hat dann gemeint: „Echt, heute-heute? Also genau heute an diesem Tag?“ – „Jaaa, heute im Juni. Ich muss mich also echt ranhalten.“ =P
Soo, das waren mal ein paar kolumbianische Eigenarten, die mir eingefallen sind. Mehr fallen mir gerade nicht ein, weil ich mich einfach schon sehr an die Menschen und ihre Kultur gewöhnt habe =).
Ansonsten haben wir hier immer noch ziemlich viel „brisa“ (Wind), sodass die Stühle alleine vom Tisch wegwandern. Vergangenen Samstag hat es aber anscheinend das erste Mal seit Mitte Dezember kurz geregnet. Tagsüber ist es meist heiß und nachts eher kühl, da es kaum bewölkt ist.
Seit dieser Woche gibt es jedoch schon an und zu bewölkte Tage. Bewölkt heißt aber nicht gleich kühl, da die Schwüle dann meistens drückender ist.
Letztes Wochenende waren Larissa, Julia und ich mal wieder in Barranquilla unsere Mentorin Marianella besuchen und haben es uns so richtig gutgehen lassen mit Shoppen, Pizza essen und Kino =).
So langsam geht auch schon das erste Schuljahrquartal zu Ende und ich bin mit meinen Kindern in der Klassenarbeitsvorbereitung. Es gibt leider zwei Kinder, Jimmy und Megan, die ziemlich schlecht in der Schule vor allem in Mathe und Lesen und Schreiben sind. Nicht einmal die Farben können sie sich merken. Ich hab auf alle möglichen Arten versucht ihnen die Zahlen beizubringen und verschiedene Lerntypen anzusprechen, aber so langsam komm ich an meine Grenzen. Vor allem arbeiten die Eltern öfters auch nicht mit mir zusammen, sondern eher gegen mich, wenn sie einfach die Hausaufgaben für ihre Kinder machen, weil sie keine Geduld haben. Ich hoffe einfach, dass sie die Klassenarbeit irgendwie meistern.
Lehrer sein ist echt nicht einfach! Ich würde so gerne mehr Zeit in die beiden investieren, aber auf der anderen Seite habe ich auch noch zwölf andere Kinder, die ziemlich gut in Mathe sind. Einen Unterricht so zu gestalten, dass er für alle anspruchsvoll, jedoch machbar und auch noch Spaß macht, ist jeden Tag aufs Neue eine große Herausforderung.
Jetzt ist es noch eine Woche Schule bis zu den einwöchigen Osterferien, in denen ich nochmal alles wiederholen kann. Am Freitag müssen die Klassenarbeiten zur Kontrolle beim Hugo abgegeben werden, denn direkt nach den Ferien beginnt die Klausurenwoche zum Abschluss des ersten Quartals.
Mooorgenabend schon kommt meine Schwester Kristina zusammen mit einem Schulkamerad und der Schwester von der Larissa =D. Ich freu mich schon riesig auf die zweieinhalb Wochen, in denen ich ihr meine kleine kolumbianische Welt zeigen kann. Wir haben die Tage ganz typisch deutsch schon durchgeplant und ziemlich vollgepackt und es wird bestimmt eine supertolle Zeit!
Macht’s gut und frohe Ostern =)